
Ein Podcast über die aktuelle Theaterlandschaft von Thalia Schoeller | regelmäßig neue Folgen | online
„Es ist kein Zufall, dass die meisten Regieführenden über 30 sind. Es ist kein Zufall, dass auf Festivals für Kinder und Jugendtheater kaum Kinder und sehr viel „Fachpublikum“ zu finden ist. Es ist kein Zufall, dass auf den großen Bühnen keine jungen Stimmen vertreten sind und dass selbst in den meisten theaterpädagogischen Formaten die eigene künstlerische Position der Kinder und Jugendlichen keine Rolle spielt. Es hängt zusammen mit weitläufigen Strukturen und durch Adultismus geprägten Denkmustern. Es liegt am Assistenz- und Hospitanzssystem. Es liegt daran, welche Projekte gefördert werden und wer sich überhaupt bewerben darf. Es liegt an der Hürde Studium. Und es ist kein Zufall, dass darüber wenig gesprochen wird, weil die Personen, die es betrifft, eben keine Plattform bekommen. Bis jetzt.“ – Thalia Schoeller
In ihrem regelmäßig erscheinenden Podcast spricht die junge Theatermacherin Thalia Schoeller das alles an. Den Menschen gegenüber, die tatsächlich etwas verändern können. In einem Gespräch, das nicht auf Augenhöhe stattfinden kann. In Jahr 2022 wird sie mit Intendant*innen, Regieassistent*innen, Theaterpädagog*innen und Menschen an Schauspiel- und Regieschulen sprechen und die Systeme und Hintergründe, welche den Zustand der kaum hörbaren Stimmen junger Menschen herbeiführen, ergründen. Wie kann der Nachwuchsgeneration im Theater mehr Gehör verschafft werden?
Folge #7 – Mit Sophie Becker (ab SO 27.11., 18 Uhr)
Sophie Becker ist künstlerische Leitung von SPIELART und stellvertretende Leiterin des Studiengangs Regie an der Theaterakademie August Everding. Wir sprechen darüber, welche Art von Menschen an der Theaterakademie aufgenommen werden und dort studieren können, wer sich gar nicht erst bewirbt und welche Reformen in Aufnahmeverfahren und Studiengangsgestaltung möglich und wichtig sind. Zudem sprechen wir über Klassismus am Theater und in der Kunst, sowohl aus Festival- als auch aus Ausbildungssicht. Es ist ein langes Gespräch, aber wir werden nicht fertig.
Sophie Becker absolvierte von 1994-2000 ein Dramaturgie-Studium an der Theaterakademie August Everding mit den Fächern Theaterwissenschaft, Musikwissenschaften und Neuere deutsche Literaturwissenschaft. Thema der Diplomarbeit: „Musikalisches Theater nach 1968. Zum Verhältnis von politischer Botschaft und theatraler Form in Hans Werner Henzes/Hans Magnus Enzensbergers Werken El Cimarrón und La Cubana oder Ein Leben für die Kunst“.
Von 2000 bis 2004 war sie Dramaturgin für alle Sparten am Theater Aachen, von 2004 bis 2006 Dramaturgin für Musiktheater und Tanz an der Sächsischen Staatsoper Dresden und von 2006 bis 2008 Dramaturgin an der Bayerischen Staatsoper München.
Seit 2008 ist sie freiberuflich tätig als Kuratorin und Dramaturgin für die in München ansässigen Festivals SPIELART (internationales Theater/Performance) und DANCE, als Dozentin in der Regieklasse der Theaterakademie August Everding sowie als ständige Gastdramaturgin an der Semperoper Dresden und für die Salzburger Osterfestspiele. Jurortätigkeiten für die Allgemeine Projektförderung der Kulturstiftung des Bundes (2011-2013), FAVORITEN 2012, Tanzplattform Deutschland 2014 und NPN Theater (seit 2014).
Folge #6 – Mit Laura Martegani (ab SO 28.8., 18 Uhr)
Laura Martegani ist Gründungsmitglied des Theaterbüros und des Rat und Tat Kulturbüros in München. Wir sprechen über die freie Szene, wie sie sich vernetzt, wer sie finanziert und welche Formen von Diskriminierung in diesem Finanzierungssystem auftauchen. Im Gespräch geht es um die Verbindung und Ko-Abhängigkeit von Politik und Kunst, mögliche aktivistische Interventionen und die Situation in Lauras Heimatland Italien.
Schon während ihrem Studium der Theaterwissenschaft in Bologna war Laura Martegani klar, dass sie sich sich für Künstler*innen, Projekte und Kultur einsetzen wird. Langjährig hat sie bei verschiedenen Festivals und Institutionen Erfahrungen gesammelt um dann 2012 zusammen mit Katrin Dollinger das Rat & Tat Kulturbüro in München zu gründen. In den letzten Jahren setzt sie verstärkt auf Vernetzung und Beratung und hat aus diesen – und mehrere anderen – Gründen die Beratungsstelle Theaterbüro München gemeinsam mit Anna Donderer und Katharina Wolfrum gegründet. In der Freizeit vernetzt sie sich und bildet sie sich weiter u.a. als Teil der Performing Arts Producers initiiert vom Bündnis Internationaler Theaterhäuser e.V. und der Festival Producers Academy.
Folge #5 – Mit Mirrianne Mahn (ab SO 31.7., 18 Uhr)
Mirrianne Mahn ist in unterschiedlichen Bereichen politische Aktivistin. Das Gespräch beginnt im Bereich Theater, aber weitet sich schnell aus, um dem intersektionalen Anspruch ihres und meines Aktivismus gerecht zu werden. Wir sprechen über das Schulsystem als Unterdrückungserfahrung, die Fehlerkultur in Deutschland, Klassismus und Rassismus und wie privilegierte Menschen aktuell mit Schuldgefühlen umgehen.
Mirrianne Mahn ist politische Aktivistin, Theatermacherin, in der Stadtpolitik von Frankfurt am Main tätig und Referentin für Diversitätsentwicklung am Kinder- und Jugendtheaterzentrum des Bundes. Sie setzt sich in ihren Arbeitsbereichen gegen jegliche Formen der Diskriminierung und für mehr Diversität in allen Lebensbereichen ein.
Folge #4 – Mit Charlotte Huber (ab SO 26.4., 18 Uhr)
Charlotte Huber ist FSJlerin an den Münchner Kammerspielen. Wir sprechen über das experimentelle Jugendprojekt YOUNG WILDS, das dort mit seinem Stück „etwas buntes, abgefucktes, das leuchtet, glitzert und scheint“ zwei mal spielen durfte, über Co-Regie, Gruppendynamik und die Bedeutung von Macht über die eigene Erzählung. Außerdem über das wunderbare Stück NIGHTCORE; einfach, weil es so gut war. Manchmal merkt man nicht, dass Augenhöhe gefehlt hat, bis sie plötzlich da ist. Mit Charlotte war sie sofort spürbar.
Charlotte Huber wurde am 19.11.2002 in München geboren. 2021 machte sie ihr Abitur und arbeitet jetzt im Rahmen eines FSJs an den Münchner Kammerspiele im Bereich Künstlerische Bildung. Zusammen mit Freund*innen plant und führt sie Kunstevents im Kösk, der Färberei und der Glockenbachwerkstatt durch. Seit 2019 ist sie Teil des KunstRedaktionsLabor von KulturRaum München e.V. und Färberei in dem mehrere Projekte und Workshops zusammen mit unterschiedlichen Künstler*innen entstanden sind.
Folge #3 – Mit Grete Pagan
Grete Pagan bereitet gerade ihre Intendanz am Jungen Ensemble Stuttgart vor. Wir sprechen über die Ideale, die hinter ihrem Umgang mit Kindern und barrierefreien Ausschreibungen stehen. Sie fragt mich ganz direkt, warum ich mich nicht beworben habe und ich entscheide mich, meine eigene Unsicherheit zu zeigen und werde tapsig und ungenau, versage im Balanceakt, über welche persönlichen Motivationen ich sprechen kann. Wir reden über die Schwierigkeiten von Konkretisierung, und diese werden auch sehr spürbar. Vieles ist noch vage und unentschieden und es wird nicht deutlich, ob das JES den Umgang mit jungen Menschen am Theater revolutionieren wird, denn dafür braucht es neben gutem Willen auch ausgeprägtes Problembewusstsein. Aber es wird sehr klar, dass man mit Grete Pagan eine Intendantin hat, die ansprechbar ist, zuhört und keine Angst vor dem Herausfinden beim Machen hat.
Grete Pagan wurde 1983 in Stuttgart geboren. Von 2004 bis 2007 war sie Regieassistentin am JES, anschließend studierte sie Schauspielregie an der Theaterakademie Hamburg. Seit 2010 arbeitet sie als freie Regisseurin im Theater für junges Publikum. Neben dem JES inszenierte sie unter anderem am Staatstheater Mainz, GRIPS Theater Berlin, moks junges theater Bremen, jungen LTT Tübingen, und an der Schauburg München. Seit 2010 ist sie Übersetzerin von Theatertexten aus dem Englischen ins Deutsche. Seit 2012 ist sie eine von zwei Organisations- und Produktionsleiter*innen der Schönen Aussicht. 2018 absolvierte sie die Weiterbildung «Theater- und Musikmanagement» an der LMU München. Seit Sommer 2019 ist sie Kuratoriumsmitglied des Landesverbandes der Kunstschulen Baden-Württemberg. 2019-21 gehört sie zur Auswahljury für Augenblick mal! Berlin.
Folge #2 – Mit Gert Taube
Gerd ist ein Urgestein des Kinder- und Jugendtheaterzentrums und erzählt aus der Perspektive jahrzehntelanger Beobachtungen über die Entwicklung von Kinder- und Jugendtheater. Wir sprechen über die komplett fehlende Förderung junger und jugendlicher Künstler*innen und Vorstellungen von Professionalität. Ich habe ab und an den Drang, Gerd die Machtposition, in der er sich befindet, deutlich machen zu wollen. Ihm aufzuzeigen, was für richtungsweisende Entscheidungen er eigentlich treffen könnte und welche Folgen die aktuellen Entscheidungen, Förderungsangebote und Ausschreibungen haben. In Ansätzen gelingt das.
Gerd Taube, geboren 1962, Theaterwissenschaftler, ist seit 24 Jahren Leiter des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland und Künstlerischer Leiter der nationalen Biennale des deutschen Kinder- und Jugendtheaters, des Deutschen Kinder- und Jugendtheater-Treffens Augenblick mal! in Berlin. Er ist Honorarprofessor am Institut für Jugendbuchforschung der Goethe-Universität, Frankfurt am Main und war von 2009 bis 2018 Vorsitzender der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung. Er veröffentlicht Bücher, Zeitschriften und Beiträge über Puppen- und Figurentheater, Junges Theater und Junge Dramatik.
Folge #1 – Mit Pauri Röwert
Pauri ist Adultismusexpert*in und arbeitet in der Theaterpädagogik und Vermittlung. Gemeinsam sprechen wir darüber, was Adultismus grundsätzlich und ganz konkret bedeutet und darüber, wie das in Theaterkontexten sichtbar wird. Es ist ein Gespräch unter Aktivist*innen, die sich der aktuellen Lage sehr bewusst sind und sich gemeinsam darin positionieren.
Pauri wurde 1992 in Berlin geboren, spielt schon seit der Kindheit gern Theater und absolvierte später ein Studium der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim und Theaterpädagogik in Berlin und Bergen/Norwegen. Sie hat neben dem Studium u.a. als Teil des Kollektivs SCHIWAWA eigene Performances und Theaterprojekte für die Allerjüngsten (ab 2 Jahren) realisiert und war zudem in theaterpädagogischen Projekten für das HAU, das Theater o.N., die Deutsche Oper Berlin und TUSCH Berlin tätig. Von 2018 bis 2021 arbeitete Pauri fest in der Theaterpädagogik am Jungen Ensemble Stuttgart (JES) und leitete u.a. Theaterprojekte in Kitas und Schulen, eigene Spielclubs sowie Fortbildungen für Multiplikator*innen. Seit der Spielzeit 2021/22 ist sie fest im Team Künstlerische Vermittlung & Partizipation im Theater an der Parkaue und daneben in freien Projekten tätig. Besonders interessiert sich Pauri für Kindheitsbilder im Theater, performative und experimentelle Theaterformen und für kollektive Theaterprozesse auf Augenhöhe.
Daten: Neue Folgen jeweils am letzten Sonntag im Monat um 18 Uhr
28.11.21 | 26.12.21 | 30.01.22 | 27.02.22 | 27.03.22 | 24.04.22 | 29.05.22. | 26.06.22 |
Ort: Auf allen gängigen Podcast-Plattformen und auf der Webseite des PATHOS (online)
Sprache: Deutsch
Kosten: Kostenlos
Konzept + Gesprächsführung: Thalia Schoeller | Mit: wechselnden Gäste aus der Theaterwelt | Produktion: Ananda Nefzger und Lionel Dante Dzaack | Musik, Artwork: Lionel Dante Dzaack| Ein Podcast der digitalen Bühne des PATHOS München.